Wann gilt eine eMail als zugestellt?

Aus aktuellem Anlass nehme ich Stellung zu einem täglichen Thema, das Viele betrifft. Ich betreibe selber Mailserver und sichere diese auch gegen SPAM und gegen falsch konfigurierte Mail-Sever. Letztere versenden gerne SPAM-Mails.

Viele nutzen ihr Outlook-Mail, aber auch Webmailer wie Yahoo, GMX etc. und werden per Defaulteinstellungen zu HTML-Mails verleitet. Aber gerade die sind gefährlich, weil Cyber-Kriminelle hier ihre Opfer unbemerkt auf Angriffsziele lenken können. Deshalb werden solche Mails u.A. abgelehnt – eine Zustellung der Mails erfolgt somit nicht.

„Ja, aber wir haben Ihnen am Sovielten diese Mail zugeschickt! Hier sehe ich sie ganz genau im Versende-Ordner meines Mail-Clients! Die Mail ist Ihnen von und zugestellt wurden!“. So ähnlich klang das neulich bei der Buchhaltung meines Service-Dienstleisters einem Data-Center. Diese Leute dort sollten zu Einem doch einmal die aktuelle Gesetzeslage briefen. Zum Anderen die dortigen Mail-Administratoren sollten Ihre Systeme soweit vorbereiten, dass Ihre Mails RFC-konform versendet werden.

Was sagt denn der Gesetzgeber?

Der BGH hat mit Urteil vom 06.10.2022, Az.: VII ZR 895/21 entschieden

Wird eine E-Mail im unternehmerischen Geschäftsverkehr innerhalb der üblichen Geschäftszeiten auf dem Mailserver des Empfängers abrufbereit zur Verfügung gestellt, ist sie dem Empfänger grundsätzlich in diesem Zeitpunkt zugegangen. Dass die E-Mail tatsächlich abgerufen und zur Kenntnis genommen wird, ist für den Zugang nicht erforderlich.

Das sagt eindeutig, dass nicht der Versand von irgendeinem Mail-Client als Zustellung gilt, sondern explizit die Möglichkeit der Abrufbarkeit der Mail beim Empfänger. Bis es dazu kommt, sind aber einige Hürden zu überwinden. Denn ein Mail-Server ist alles Andere als nur ein Server oder Service. Sondern das ist ein sehr komplexes Zusammenspiel mehrerer Arten von Server für unterschiedliche Zwecke.
Zum Einen haben wir einen SMTP-Server – der eigentliche Mailserver, der Mails versendet oder empfängt. Zum Anderen ist da der Mail Delivery Server (MDA), das ist der Server, auf denen Ihre Mails heutzutage über IMAPs zum Abruf parat liegen – sofern sie denn es bis dorthin schaffen. Das ist bisher nur die halbe Miete, denn vor allem der SMTP-Server arbeitet mit vorgeschalteten Filtern, die wiederum eigenständige Server sind. Das sind zum Beispiel DNS-Resolver, um DNS-Einträge auf Existenz und Gültigkeit zu prüfen. Oder RSPAMD-Server, der Spam-Mails sehr zuverlässig erkennt und ablehnt. Das Gleiche passiert bei Viren in Attachments, zuviel HTML, bestimmten Dateitypen usw.
Entscheidend ist, dieser Server läuft als Filter vor dem eigentlichen SMTP-Server, der bei durchgelassenen Mails diese an den MDA weiterreicht, damit dieser sie an die Mailaccounts zustellen kann. Existiert hier die Mailadresse nicht, wird für den Sendenden sichtbar als unzustellbar abgelehnt.
Obwohl also die Mail erfolgreich versendet wurde und auf beim Sendenden im Versandordner liegt, können die genannten Gründe dazu geführt haben, dass diese Mail es nie bis zum SMTP-Server des Empfängers geschafft hatte. Und somit wurde sie auch niemals im Sinne der Rechtsprechung des BGH zugestellt.

Sicher, wir könnten natürlich auch jeden Reject einer Mail von unserem SMTP-Server als Ablehnung dem sendenden System melden. Dann würden aber Reject-Mails an womöglich nicht existierende Mailadressen versendet oder Menschen, deren Mailadresse unerlaubt benutzt wird, bekämen diese Ablehnungen. Das Resultat kann man sich ausmalen, ganz zu schweigen von dem zusätzlichen Traffic.
Also wird nicht über eine Unzustellbarkeit bei SPAM-Verdacht informiert.

Was aber mache ich als Sendender?

Nun, die Mail-Clients bieten heute eine Benachrichtigung als Funktion an, um sich über die Zustellung informieren zu lassen.

Grundsätzlich aber ist es nicht korrekt, zu glauben, eine Mail wurde zugestellt, nur weil sie im Ordner „Gesendete Mails“ des eigenen Mail-Clients liegt und keine Unzustellbarkeitsnachricht zurückgekommen ist. Das ist das Äquivalente zu guten alten Postzustellung. Im Normalfall kommt ein Brief auch im Briefkasten des Empfängers an. Ob er tatsächlich der richtigen Person zugestellt wurde, wird man nur mit einem „Einschreiben mit Rückschein“ und der persönlichen Anschrift im Briefkopf erreichen können. Auch hier reicht es niemals aus, zu sagen „Ja, bei mir ist der Brief aber versendet wurden. Ich habe sogar eigenhändig frankiert und den Brief zur Post gebracht.“